Um verstehen zu können, warum Lean Thinking eine ideale Basis für erfolgreiches Projekt- und Prozessmanagement ist, muss man erst einen Blick auf seine Wurzeln und den Status Quo in der Firmenwelt werfen: Neue Methoden und Arbeitsweisen lösen langsam das Thema Lean in all seinen Formen (Lean Management, Schlanke Logistik, etc.) ab und der Fokus in den Medien, sowie vieler Manager, wandert in Richtung Agilität. Vielen ist unbekannt, dass agile Arbeitsmethoden und Lean eng verwandte Denkweisen haben.
Ob und inwieweit die moderne Agilität sich erfolgreich in Projekten und Organisationen aller Art durchsetzen wird, hat ebenfalls viele Parallelen mit Lean. Im Laufe der Jahre haben wir festgestellt, dass sich Unternehmen einzelner Werkzeuge der Lean-Philosophie bedienen und sind überzeugt, sie hätten dadurch automatisch eine leane Arbeitsweise. Ähnliches erleben wir bei der Transformation von klassischen Projekten nach Wasserfallmodell hin zu agilen Projekten.
Bisher konnten wir nirgends erkennen, dass dieses „Cherry Picking“ ein Projekt nachhaltig optimierte und dadurch eher zum Erfolg brachte. Dies ist eines der wichtigsten Gründe, warum Lean im Unternehmen scheitert und vermutlich auch Agilität scheitern wird. Um ein Projekt lean durchzuführen oder Prozesse lean zu gestalten, greifen wir daher tiefer und beginnen mit dem Lean Thinking. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich so Erfolge einstellen.
Lean Thinking als Basis für erfolgreiches Prozessmanagement
Albert Schweitzer soll gesagt haben, wer glaube ein Christ zu sein, weil er die Kirche besuche, der irrt. Man werde auch kein Auto, wenn man in einer Garage stünde. Daran anknüpfend können wir aus unserer jahrelangen Erfahrung im Projektmanagement sagen, dass ein Unternehmen nicht lean wird, nur weil es Top-Down gefordert wird oder leane Methoden angewandt werden, ohne sich größer mit der Thematik auseinander gesetzt zu haben.
Genau hier hilft Lean Thinking, um nicht in diese Falle zu geraten. Bei [bu:st] definieren wir dies als ein gesamthaftes Mindset unter der Verwendung von Prinzipien. Dabei fokussieren wir uns auf den ursprünglichen Gedanken und das Ziel von Lean: das Verschlanken von Strukturen und Systemen, sodass sie frei von Verschwendungen sind. Mit anderen Worten: Konzentration auf den Wertstrom.
Einfache Lösungen, die all das eliminieren, was nicht zur Wertschöpfung beiträgt, entsprechen diesen Verschlankungen. Wichtig für eine nachhaltige Optimierung ist eine gesamthafte Betrachtung aller Einflüsse, die auf die Prozesse im Projekt wirken.
Dies klingt trivial, erweist sich aber in der Praxis als schwierig. Nicht immer sind alle Stakeholder bekannt. Auch kann es sehr leicht passieren, dass wichtige Schnittstellen nicht betrachtet werden. Immer wieder haben wir gesehen, dass aus diesem Grund in eine falsche Richtung optimiert wurde und Ressourcen unnütz gebunden wurden.
Wie ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess zielstrebiger zum Erfolg führt
Hier hat beim Lean Thinking zum Beispiel der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) seinen besonderen Charme. Durch viele kleine Schritte der Verbesserung, die allerdings kontinuierlich erfolgen – im Gegensatz zu großen und selteneren Evolutionssprüngen – ist ein Zurücknehmen einer Verbesserung mit kaum einer Verschwendung verbunden, sollte sie sich als nicht so gut erweisen.
Auch hier gibt es eine Parallele zum Agilen. Kleine KVP-Schritte ermutigen auch dazu, eine neue Idee zu testen, da der „Fall“ nicht aus so einer großen Höhe erfolgt. Dies spiegelt sich bei der agilen Arbeitsmethode zum Beispiel im Erstellen eines Inkrementes wider. Eine Ressource, die bei diesem Vorgehen geschont wird, ist vor allem die Zeit.
Prozessoptimierung durch besseres Zeitmanagement mit Lean Thinking
Bei der Optimierung orientiert sich Lean Thinking am Zeitfaktor. Wie auch im menschlichen Leben ist Zeit eines der wertvollsten Dinge. Dies wird im Leben und auch im Unternehmen leider gerne durch das Geld ersetzt. Durch die reine Fokussierung auf Kosteneinsparungen kann allerdings der Blick für Optimierungspotenziale vernebelt werden.
Konzentrieren sich die Manager auf die Zeitreduktion und können diese umsetzen, so führt dies ganz von selbst zu Kosteneinsparungen. Natürlich wäre es unrealistisch davon auszugehen, dass mit Hilfe von neun Frauen ein Kind in einem Monat geboren werden kann. Augenmaß und Realitätsnähe sind bei der Planung notwendig.
Auch plädieren unsere Projektmanager bei [bu:st] selbstverständlich nicht dafür, die betriebswirtschaftliche Komponente außer Acht zu lassen. So müssen die Kosten für eine Prozessoptimierung im Verhältnis zur erwarteten Verbesserung stimmig sein. Auch hier stellt sich die Frage, ob das Ziel der Optimierung überhaupt monetär bewertbar ist? Es bleibt, dass es entscheidend ist, die Zeitreduktion als Primärmotivation anzusehen, um Potenziale aufdecken zu können.
Mit Lean Thinking Prinzipien arbeiten
Die Analyse von Projekten und Prozessen orientiert sich beim Lean Thinking an gewissen Prinzipien. Diese haben den Vorteil, dass sie einem Manager Handlungsspielräume ermöglichen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren.
So können Sie beispielsweise an der Küste segeln, wie es beliebt und neue Buchten erkunden. Aber den nahegelegenen Leuchtturm (oder bei längeren Reisen die Sterne) haben Sie immer im Blick und werden geleitet.
Prozesse, die bereits anhand von Lean-Prinzipien gestaltet werden, sind im Idealfall frei von Verschwendungen. Wichtig dabei ist, dass alle im hohen Maße erfüllt sein müssen. Wir haben bei [bu:st] acht Prinzipien, die je nach Einsatz auch konkurrieren können.
Ein einfaches Beispiel soll verdeutlichen, warum es wichtig ist, dass alle Prinzipien erfüllt werden:
Stellen Sie sich vor, die Tätigkeiten eines Landeanflugs wären als Prinzipien definiert. So können Sie im exakten Zeitpunkt die Landescheinwerfer anschalten, die Landeklappen ausfahren, die Geschwindigkeit halten und den Sprechfunk durchführen. Wenn Sie diese vier Punkte zu 100% erfüllen, aber den fünften Punkt nicht, haben Sie immer noch im Durchschnitt 80% erfüllt.
Dies hilft Ihnen nicht viel, sofern der fünfte Punkt das Ausfahren des Fahrwerks war. Fliegen Sie etwas zu schnell, treffen Sie nicht exakt den Zeitpunkt des Klappenfahrens und schalten lieber etwas zu früh die Landescheinwerfer ein, um aber noch das Fahrwerk ausfahren und sicher landen zu können.
Die Transformation zu einem schlanken Unternehmen
Die Verantwortung zur Umsetzung, bzw. genauer zur Transformation eines Projektes oder Unternehmens zu einem leanen Unternehmen, liegt gesamthaft bei allen. Ein Vorstand muss den Wandel genauso mitgestalten und sich verändern, wie auch der einzelne Mitarbeiter.
Einer der größten Herausforderungen ist, dass nicht in klassische Denkweisen zurückverfallen wird. Es muss ganz deutlich gesagt werden: der Weg zu einem schlanken Unternehmen durch Lean Thinking führt nicht an einem Kulturwandel vorbei. Dieser kann je nach bereits vorhandenen Voraussetzungen unterschiedlich lang und schwierig sein. Am Ende wird das Unternehmen allerdings entschlackt und weniger komplex aufgestellt sein. Die Reaktionszeit wird erhöht und die Transparenz und Akzeptanz von bestehenden Prozessen wird deutlich gesteigert sein.
Lean Thinking als Schlüssel zur Prozessoptimierung
Zusammenfassend werden wir nicht müde zu betonen, wie wichtig das richtige und durchgängige Mindset für die Umsetzung von leanen oder agilen Projekten ist. Vielleicht haben Sie schon die Worte „der Preis der Freiheit ist ewige Wachsamkeit“ gehört. Thomas Jefferson bezog sich hier auf die Bürgerpflicht der neugegründeten USA, ihre neue Regierung kontinuierlich zu überwachen. Um ein freies Volk zu bleiben, muss die Wachsamkeit in Kauf genommen werden. Um im Unternehmen und den Projekten nicht den Verschwendungen ausgeliefert zu sein, müssen sich die Manager analog zur Bevölkerung bewusst sein, dass dies einen Preis hat.
Führen Sie kontinuierliche Verbesserungen durch – inbegriffen die Ziele bei Zeiten zu hinterfragen und abzugleichen. Je leidenschaftlicher Sie die Philosophie von Lean Thinking leben, umso einfacher lassen sich Verschwendungen reduzieren und Sie können sich auf die Wertschöpfung im Projekt konzentrieren.